Sonntag, 4. Dezember 2011

Das Problem bei der Investition in Neubauprojekte (Update!)

In den wenigen deutschen Städten mit einem (aktuellen) Bevölkerungswachstum und Mangel am Immobilienmarkt - wie z.B. München - überlegen sich viele die Investition in eine Neubauwohnung, da es fast keine Alternativen gibt und es so gut wie keine vernünftigen Bestandsimmobilien gibt.

Auf den ersten Blick, könnte man meinen:

Gute Idee - eine neue Wohnung auf dem neuesten Stand: niedrige Energiewerte, neue Leitungen - man kann alles individuell auf Kundenwunsch zusammengestellt werden - das Bad, die Küche, die Böden - etc. Man hat dann 10-20 Jahre lang keine Sanierungskosten und lebt auf dem Niveau von 2011,12,13,14,15.... und nicht wie vor 30, 50 oder 100 Jahren. Der Quadratmeterpreis bei den günstigsten Wohnungen ist zwar immer noch hoch aber langfristig mit steigenden Immobilienpreisen und Hilfe der Inflation einigermassen veträglich - und man spart andererseits auch wieder Energie und Sanierungskosten. Und: man zahlt keine Provision.


Aber was wird bei dieser Denkweise vergessen? Was ist dabei der Haken?

Für viele ist selbst der Einstiegspreis bei den günstigsten Wohnungen im Erdgeschoss, erstem Stock oder mit anderen Einschränkungen bei vielen Neubauprojekten aufgrund des mangelnden Eigenkapitals unerschwinglich. Aber nehmen wir mal an, Eigenkapital etc. ist alles nicht das Problem - welche Gedanken fehlen bei obiger Betrachtungsweise?


Das Hauptproblem der meisten Neubauprojekte


Lange Vorfinanzierung ohne Mieteinnahmen oder Nutzungsmöglichkeit


Das Hauptproblem ist bei allen attraktiven Neubauprojekten und guter Lage (gute Lage ist aufgrund der demographischen Entwicklung immer eine Grundvoraussetzung), dass die Wohnungen verkauft werden, obwohl diese noch nicht einmal fertiggestellt sind. Manchmal (siehe Rodenstock Garten), seht noch eine gewerbliche Imnobilie auf dem Grundstück und selbst der Abriss des Bestands wird erst 2012 im Sommer (voraussichtlich) erfolgen. In diesem konkreten Beispiel (das aber auch auf andere Neubauprojekte angwendet werden kann) - dauert es ca. bis 2015 (3,5-4 Jahre), bis die Wohnung bezogen oder vermietet werden kann. Wenn auch die Kaufpreiskosten gestafelt gezahlt werden, sind bereits die ersten 30% in relativ kurzer Zeit fällig. Der Rest in kleinen Staffelungen nach Baufortschritt. Aufgrund der Staffelung ist das ganze etwas schwer zu berechnen und viele lassen es gleich sein. Nimmt man sich aber einmal die Zeit, und berechnet die gesamten Lasten bis Fertigstellung - kommt man zu einem erschreckenden Ergebnis: Der Kaufpreis ist in Wirklichkeit wesentlich höher! Je länger es dauert, bis die Immobilie bezugsfertig ist, desto teurer wird es. Normalerweise ist gegen Zinsen bei einer Immobilie nichts einzuwenden - denn entweder spart man sich die eigene Miete oder man bekommt Mieteinnahmen von seinem Mieter - und mit Glück zahlt es sich "von alleine".

Nehmen wird mal an, eine Neubauimmobilie kostet 500,000 Euro, man zahlt 20% Eigenkapital an und es dauert ca. 3,5 Jahre bis die Wohnung bezugsfertig ist. Wieviel zahlt man im Endeffekt für die Wohnung?

525,000 Euro zusammen mit den Grunderwerbskosten. Zu finanzieren wären also 425,000 Euro. Bei Finanzierung mit 3% Zinsen, wäre das in etwa aufgrund der Staffelung bis zur Fertigstellung mindestens 50,000 Euro zusätzlich an Zinsen. Auch entgehen einen in etwa 2,5%-3% da das Eigenkapital nicht anlegt werden kann (oder 8% bei einer sehr guten Anlage) - also in etwa 10,000 Euro mit Zinseszins.

Aus den 500,000 Euro werden also 585,000 Euro. D.h. aus 5,000 Euro Quadratmeterpreis sind z.B. mal schnell knapp 6,000 Euro geworden. Wird die Immobilie danach wieder für 585,000 Euro verkauft - hat man keinen Gewinn gemacht. Muss man sie nach Fertigstellung aus irgendwelchen Gründen wieder verkaufen, könnte man auch Verluste machen - insbesondere wenn man keine flexible Finanzierung hat und unter Umständen noch eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss. Lohnenswert also nur dann, wenn man von einer massiven Preisentwicklung und extremen Inflation ausgeht, gleichzeitig aber nicht auf eine Fremdfinanzierug angewiesen ist und alles direkt bezahlen kann - denn so entfällt zumindest die hohe Zinslast ohne Gegenrechnungsmöglichkeit wie z.B. den Mieteinnahmen.

Die Katze im Sack kaufen


Man kauft mehr oder weniger die Katze im Sack. Illustrationen in Verkaufsprospekte sind nicht rechtskräftig oder einklagbar. Was man bekommt, sind Stapel mit Papier, mit vielen - teilweise komplizierten - Formulierungen und Aufstellungen. Eine Prüfung durch einen Gutachter oder Anwalt kostet da schon mal locker mindestens 1,5000 Euro und dauert eine gewisse Zeit. Diese Unterlagen enthalten keine Illustrationen, auf die man sich verlassen kann. Man muss dem Bauträger und allen unzähligen Dienstleistern vertrauen können.

Am Ende sieht es anders aus

Wer Zeit und Interesse hat, sollte einmal im Internet nach alten Verkaufsprospekten von bereits abgeschlossenen "Neubau" Projekten gehen - und dann einmal mit einer kleinen vor Ort Besichtigung die Illustration mit der Realität vergleichen. Ich würde z.B. einmal die Maistrasse in München empfehlen: den blauen Betonklotz der JK Wohnbau. Für mich persönlich sieht es aus wie Sozialwohnungen - nicht wie Luxuswohnungen. Im ursprünglichen Verkaufsprospekt sah alles etwas gehobener und luxuriöser aus. Ich denke fast keiner(?) hätte nach Fertigstellung den gleichen Kaufpreis (+ Zinsen die bis zur Fertigstellung gezahlt wurden) bezahlt. Deswegen, werden Neubauten möglichst schnell im Vorfeld verkauft - wenn man nur eine grüne Wiese oder einen Altbestand sieht. Ein anderer Grund ist natürlich auch, dass viele Baufirmen selber kein Geld haben, und daher vor Baubeginn erstmal mit dem Hut herumgehen und Geld einsammeln.


Das Thema Grundbuch


Oft sind Banken oder andere Gläubiger im Grundbuch bereits eingetragen, dann kommt die neue Eigentümergemeinschaft. Gerät der Bauträger in eine finanzielle Schieflage, geht das Grundstück an die Bank im Grundbuch oder anderen Gläubiger mit höhere Prio - und die Wohnungseigentümer gehen leer aus - und haben am Ende möglicherweise eine unfertige Erbpacht Wohnung.

Keine 100% Absicherung


Man bekommt beim Neubau keine Absicherung der 100% Kaufsumme - meist nur ca. 70%
Auch könnte z.B. die MWSt steigen - dann steigt auch nach Kaufpreisunterzeichnung der Preis - da in Raten bezahlt wird, die dann entsprechend höher sind.

Mehrwersteuer (MWSt) nicht vergessen!

Beim Kauf von Bestandsimmobilien von einer Privatperson fällt keine Mehrwersteuer an - bei einem Neubau vom Bauträger schon: das sind immerhin 19% (!) D.h. der finale Kaufpreis muss in jedemfall die MWSt enthalten - und man sollte die Zinsen bis zur Fertigstellung auch dazuaddieren, damit man weiss, wieviel man eigentlich am Ende bezahlt.

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